D-A-CH: Warum Einheitskommunikation nicht funktioniert

Gleiche Schriftsprache, nicht gleiche Kommunikation Gleiche Schriftsprache, nicht gleiche Kommunikation

Emil Steinberger (ja, der „Emil“) wurde nach einer Vorstellung in Köln einmal von einer begeisterten Zuschauerin angesprochen: Sie sei überrascht, wie gut sie den Schweizer Dialekt verstehe, wo sie doch noch nie in der Schweiz gewesen sei. Kein Wunder – Emil hatte sein Programm in Hochdeutsch vorgetragen. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie hartnäckig die Unterschiede im deutschen Sprachraum unterschätzt werden. Nicht nur von den Briten oder Skandinaviern, die die drei Länder gerne als „Germanics“ zusammenfassen, sondern auch und insbesondere in Deutschland. Besonders deutlich wird das auf dem Gebiet der Kommunikation und speziell der PR. Wer glaubt, dass eine gemeinsame Kommunikationsstrategie für Deutschland, Österreich und die Schweiz ausreichend sei, weil sich die Schriftsprache ja gleiche, wird unweigerlich Misserfolg ernten. Es sind im Wesentlichen drei Faktoren, die den Unterschied machen:

1. Sprache
Natürlich kann ein Schweizer oder ein Österreicher Texte aus Deutschland nutzen – aber er wird sie meist sofort als „fremd“ und vom „großen Nachbarn stammend“ erkennen. Das liegt meist an Nuancen wie dem Gebrauch spezifischer Vokabeln gleicher Bedeutung (so nennt der Schweizer ein Unternehmen oft Unternehmung) oder an der minutiösen Nennung akademischer Titel in Österreich, die in Deutschland unüblich ist. Oder oft auch einfach nur am Ton und Duktus der Sprache. Wer solche Unterschiede nicht berücksichtigt, untergräbt den klassischen Nachrichtenfaktor „Nähe“: Der Leser nimmt wahr, dass hier nicht „einer von uns“ schreibt, sondern „einer von denen“. Was einem technischen K.O. für die PR gleichkommt.

2. Themen
Nicht alles, was etwa deutsche Unternehmen oder Konsumenten interessiert, ist für die Schweiz oder Österreich gleichermaßen relevant. Beispiel Big Data: Für deutsche Unternehmen scheinbar ein Pflichtthema, ist die Skepsis in Zürich und Wien groß. „Big Data“ und „Small Country“ wollen in den Köpfen nicht so recht zusammenpassen. Wer das ignoriert und Schweizer oder Österreicher mit einer Das-muss-euch-doch-auch-interessieren-Kampagne überrollt, darf sich über Widerstände und Ablehnung nicht wundern. Außerdem gilt es, immer auch die Wirtschaftsstruktur der Länder im Blick zu behalten: Die Pharmabranche etwa, in Deutschland und der Schweiz stark, findet in Österreich kaum statt.

3. Gepflogenheiten
In Deutschland kennen Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen oder Agenturen viele Journalisten nur von Telefon oder E-Mail – und das reicht in der Regel auch für eine gut funktionierende Zusammenarbeit. In Österreich ist das anders. Hier arbeiten die Medien vorwiegend mit Menschen zusammen, die sie auch persönlich kennen. Mit der klischeehaften Wiener Kaffeehauskultur hat das nur noch am Rande zu tun – die Grundidee des Austausches vor Ort wirkt aber weiter. In der Schweiz wiederum wird viel freizügiger als in München oder Wien über die finanzielle Zusammenarbeit von Unternehmen und Medien gesprochen; hier ist ein Pragmatismus eingekehrt, der anderswo – noch – von journalistischem Ethos überlagert wird.

Fazit: Die Unternehmenskommunikation muss oft noch lernen, was der Vertrieb meist schon weiß: Kulturelle Unterschiede sind das Zünglein an der Waage, wenn es darum geht, Menschen für sich zu gewinnen, egal ob es um Kunden oder Leser geht. Hier ist viel Feingefühl gefragt; ein Know-how, das außerhalb des Landes nur selten vorhanden ist. Die Sprache als verbindendes Element reicht nicht aus, um eine Einheitskommunikation zu rechtfertigen. Wer dafür einen Beleg braucht, frage mal Briten und Iren. Oder Franzosen und Belgier. Oder US-Amerikaner und Kanadier. Oder …

Über den Autor: Ingo Weber ist seit über 15 Jahren PR-Profi und betreut bei Dr. Haffa & Partner unter anderem das Softwareunternehmen SAS Institute. Er ist gebürtiger Schweizer, lebt seit 1990 in München und pflegt beruflich wie privat Kontakte zu Medien und PR in Wien.

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