Warum ist es wichtig, als Kommunikator nicht nur zu planen, zu machen und zu messen, sondern auch mal nachzudenken über Ziele und Werte, über das, was hinter all dem Handeln steht?
Zu diesem eher theoretisch-reflektierenden Themenkomplex hat mir die European Communications Convention (ECC ) wertvolle Anregungen gegeben.
Weil ich diese Fragen für sehr wichtig halte und weil ich glaube, dass wir davon mehr lernen können als von Best Practices, möchte ich im zweiten Teil meines Blogs zur EEC als weitere Highlights auswählen:
1. Den Vortrag von Gernot Brauer, der über die Gründe des Scheiterns der Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 referierte. Seine nüchterne Analyse, warum es nach dem „Sommermärchen“ der Fußball-WM kein „Wintermärchen“ gab: Weil es keinen echten Dialog mit den Öffentlichkeiten gab; weil es keine Transparenz gab. Breuers These kann ich voll und ganz unterstützen: Akzeptanz fußt auf Beteiligung, und ohne Partizipation wird es keine Akzeptanz geben. Das ist eine wichtige Erkenntnis für Kommunikationsprofis, die auch in anderen Diskussionen der Konferenz immer wieder deutlich wurde: Heute geht es um mehr als „Von-sich-weg-Kommunizieren“, ja sogar um mehr als „Dialog“: Die Öffentlichkeiten wollen – zu Recht – partizipieren. Und meine Meinung ist: Die professionellen Kommunikatoren sollen mehr als froh sein, dass wir diese emanzipierten Öffentlichkeiten haben.
2. Den kritischen, reflektierten Vortrag von Jean-Pierre Beaudoin, Strategic Counsellor Burson-Marsteller, zum Thema Corporate Social Responsibility und unternehmerische Verantwortung: Er ging hart mit den Unternehmen ins Gericht, bei denen oft genug der Zweck die Mittel heiligt, die weder „Social“ sind noch „Responsibility“ zeigen. Es fehle an Respekt und Legitimität. Fazit: CSR braucht klare Regeln. Und CSR muss Teil der unternehmerischen Verantwortung werden.
3. Die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion im Kloster Ettal zum Thema „Ethik in der Kommunikation“: Was können Kommunikatoren von den Regeln der Benediktiner lernen? Ich habe mitgenommen:
- Zuhören, denn nur so kann man etwas lernen und den anderen verstehen, und
- „Discretio“, die Unterscheidung zwischen Wichtigem und Unwichtigem, und
- Wahrhaftigkeit als Basis für Glaubhaftigkeit und Vertrauen.
Gibt es einen Widerspruch zwischen ethischem und wirtschaftlichem Handeln? Gibt es – bei allen kulturellen Unterschieden – weltweit geltende ethische Leitlinien? Warum steht gerade die PR so oft im Kreuzfeuer der Kritik, warum wirft man ihr „unethisches Verhalten“ vor? Kann man Unternehmen unethisches Handeln vorwerfen, oder sind es die einzelnen Menschen, die sich unethisch verhalten? Braucht man Compliance-Regeln und rechtlich fixierte Codices, um ethisches Handeln durchzusetzen? Wie wirksam sind Ethikkommissionen und andere moralische Instanzen, die unethisches Verhalten aufdecken und kritisieren?
Ich lasse diese Fragen einfach mal im Raum stehen. Sie zeigen, dass die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in der Kommunikationsbranche eine große Rolle spielt – und das ist gut so. Mit Paragrafen und juristischen Mitteln lässt sich ethisches Verhalten nicht durchsetzen. Wichtig ist mir auch: Public Relations meint „true relations“, es geht um den Aufbau ehrlicher Beziehungen, nicht um Marketing und Verkauf (das sind andere Disziplinen). Das Ziel einer „guten“ Kommunikation – ich greife hier die Stichworte Wahrhaftigkeit, Transparenz, Dialog und Partizipation auf – lässt sich nicht über Verordnungen erreichen, sondern über gemeinsame Werte und das Suchen nach dem richtigen Weg.
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